Gerechtigkeit und Brüderlichkeit

Die ökonomische Schule steht in sehr vielen Punkten in Opposition zu den zahlreichen sozialistischen Schulen. Sie geben sich als fortschrittlicher aus und sind — wie ich gerne zugebe — aktiver und populärer. Wir haben zu Gegnern (ich will nicht sagen Verleumdern) die Kommunisten, die Fourieristen, die Owener, Cabet, L.Blanc, Proudhon, P.Leroux und manch andere.

Bemerkenswert ist aber, dass sich diese Schulen untereinander mindestens ebenso sehr unterscheiden wie sie sich von uns unterscheiden. Sie müssen daher einerseits alle ein gemeinsames Prinzip anerkennen, dass wir nicht anerkennen. Andererseits muss dieses Prinzip zu der unendlichen Vielfalt führen, die wir unter ihnen sehen.

Ich glaube, was uns radikal unterscheidet, ist dieses:

Die politische Ökonomie kommt zu dem Schluss, VOM GESETZ nichts zu fordern als die allgemeine Gerechtigkeit.

Der Sozialismus, in seinen verschiedenen Zweigen, und durch Maßnahmen von naturgemäß unbeschränkter Zahl, fordert außerdem VOM GESETZ die Verwirklichung des Dogmas der Brüderlichkeit.

Nun, wie sieht es aus? Der Sozialismus nimmt mit Rousseau an, dass die ganze gesellschaftliche Ordnung im Gesetz liegt. Bekanntlich lässt Rousseau die Gesellschaft auf einem Vertrag basieren. Louis Blanc sagt schon auf der ersten Seite seines Buches über die Revolution: „Das Prinzip der Brüderlichkeit ist dasjenige, welches die Mitglieder der Volksgemeinschaft als solidarisch betrachtet und eines Tages die Gesellschaften, die Menschenwerk sind, nach dem Modell des menschlichen Körpers organisieren will, der ein Gottes Werk ist.“

Wenn die Gesellschaft Menschenwerk ist, das Werk des Gesetzes, müssen die Sozialisten daraus folgern, dass es in der Gesellschaft nichts gibt, was nicht vorher vom Gesetzgeber angeordnet und arrangiert worden ist.

Als sie also sahen, dass die politische Ökonomie sich darauf beschränkt, VON DEM GESETZ immer und für alle allgemeine Gerechtigkeit zu fordern, dachten sie, dass sie keine Brüderlichkeit in gesellschaftlichen Beziehungen gelten lasse.

Die Überlegung ist schlüssig. „Da die Gesellschaft ganz im Gesetz liegt“, sagen sie, „und da Ihr vom Gesetz nur Gerechtigkeit fordert, verbannt Ihr also die Brüderlichkeit aus dem Gesetz, und folglich aus der Gesellschaft.“

Daher diese Unterstellungen der Starrheit, der Kälte, der Härte, der Trockenheit, die man auf die ökonomische Wissenschaft und ihre Anhänger gehäuft hat.

Aber kann man den Vordersatz zugestehen? Ist es wahr, dass die ganze Gesellschaft im Gesetz enthalten ist? Man wird in Folge sehen, dass wenn das nicht so ist, alle diese Anschuldigungen in sich zusammenfallen.

Wie! Wenn wir sagen, dass das positive Recht, das immer mit Autorität handelt, durch Gewalt, gestützt auf Zwang, das als Sanktion das Bajonett zeigt oder das Verlies, das auf eine Strafandrohung hinausläuft, wenn wir sagen, dass das Gesetz, das weder Neigung, noch Freundschaft, noch Liebe, noch Entsagung, noch Hingabe, noch Opfer verordnet, erst recht nicht das verordnen kann, was all dies zusammenfasst: die Brüderlichkeit, vernichten oder leugnen wir diese edlen Eigenschaften unserer Natur? Wahrlich nicht. Wir sagen nur, dass die Gesellschaft mehr umfasst als das Gesetz, dass außerhalb und jenseits des Gesetzes sehr viele Taten vollbracht werden und eine Flut von Gefühlen strömt.

Ich meinerseits protestiere im Namen der Wissenschaft entschieden gegen diese erbärmliche Auslegung, wonach wir, weil wir im Gesetz eine Grenze sehen, damit alles leugnen, was außerhalb dieser Grenze ist. Ah! Glaubt nur, auch wir begrüßen dies Wort Brüderlichkeit begeistert, das einmal vor achtzehnhundert Jahren von der Höhe des heiligen Berges gefallen ist und für immer auf unsere republikanische Fahne geschrieben bleibt. Auch wir wünschen uns zu sehen, dass die Individuen, die Familien, die Nationen sich vereinigen, füreinander einstehen, sich untereinander helfen auf der mühsamen Reise des sterblichen Lebens. Auch wir fühlen bei der Erzählung großmütiger Taten unser Herz schlagen und unsere Tränen fließen, sei es, dass sie im Leben einfacher Bürger glänzen, sei es, dass sie verschiedene Klassen vereinigen, sei es vor allem, dass sie die Völker beflügeln, die zur Vorhut des Fortschritts und der Zivilisation berufen sind.

Und will man uns nur auf uns selbst verweisen? Nun gut! Möge man unsere Taten prüfen. Ja, wir wollen gerne zugestehen, dass die zahlreichen Publizisten, die in unseren Tagen im Menschenherzen sogar das Gefühl des Eigeninteresses ersticken wollen, die sich so unbarmherzig gegen das wenden, was sie Individualismus nennen, deren Mund sich unaufhörlich mit den Worten: Hingabe, Opfer, Brüderlichkeit füllt; wir wollen gerne zugestehen, dass sie ausschließlich diesen hehren Motiven folgen, die sie anderen empfehlen; dass sie als Vorbild so gut wie als Ratgeber taugen, dass sie dafür gesorgt haben, ihr Verhalten in Einklang zu ihren Lehren zu bringen. Wir wollen ihnen gerne glauben, auf ihr Wort voll Selbstlosigkeit und Wohltätigkeit; aber es soll uns doch erlaubt sein zu sagen, dass wir auf diesem Gebiet den Vergleich nicht scheuen.

Ein jeder solche Decius hat einen Plan, das Glück der Menschheit herbeizuführen, und alle stellen es so dar, als ob wir sie nur bekämpfen, weil wir entweder um unser Vermögen oder um andere gesellschaftliche Vorteile fürchten. Nein, wir bekämpfen sie, weil wir ihre Ideen für falsch halten, ihre Projekte für ebenso kindisch wie verderblich. Wäre uns gezeigt worden, dass man das Glück durch eine künstliche Organisation oder, indem man Brüderlichkeit verordnet, auf ewig auf die Erde herabbringen kann, so gäbe es unter uns Leute, die — obwohl Ökonomen — dieses Dekret mit Freuden mit ihrem letzten Blutstropfen unterzeichnen würden.

Doch es wurde uns nicht gezeigt, dass sich Brüderlichkeit auferlegen lässt. Eben wenn sie überall, wo sie auftritt, so lebhaft unsere Sympathie erregt, dann gerade weil sie außerhalb gesetzlichen Zwanges handelt. Brüderlichkeit ist spontan oder es gibt sie nicht. Sie verordnen heißt sie zerstören. Das GESETZ kann wohl den Menschen zwingen, gerecht zu sein. Vergeblich würde es versuchen, ihn zu zwingen, hingebungsvoll zu sein.

Nicht ich bin es im Übrigen, der diese Unterscheidung erfunden hat. So wie ich es gerade sagte, sind diese Worte vor achtzehnhundert Jahren dem Munde des göttlichen Gründers unserer Religion gekommen:

Das Gesetz sagt euch: Fügt nicht anderen zu, was ihr nicht wollt, dass man es euch tue.
Und ich, ich sage euch: Tut anderen, was ihr wollt, dass andere für euch tun.

Ich denke, diese Worte ziehen die Grenze zwischen Gerechtigkeit und Brüderlichkeit. Ich denke, sie zeichnen eine Trennungslinie, die zwar nicht absolut und unüberwindlich, aber theoretisch und vernünftig ist, zwischen dem Bereich, der vom Gesetz umschrieben wird und dem unendlichen Reich menschlicher Spontaneität.

Wenn sehr viele Familien, die alle, um zu leben, sich zu entwickeln und sich zu vervollkommnen, allein oder zusammen arbeiten müssen, einen Teil ihrer Kräfte zusammenlegen, was können sie von dieser gemeinsamen Macht anderes fordern, als den Schutz aller Personen, aller Arbeiten, aller Besitztümer, aller Rechte, aller Interessen? Was ist dies anderes als die allgemeine Gerechtigkeit? Offensichtlich hat das Recht eines jeden das ganz gleiche Recht aller anderen zur Grenze. Das Recht kann also nichts anderes tun, als diese Grenze anzuerkennen und ihr Respekt zu verschaffen. Wenn sie einigen zugesteht, sie zu brechen, wäre es zum Schaden einiger anderer. Das Gesetz wäre ungerecht. Mehr noch, wenn es diesen Eingriff vornähme statt ihn nur zuzulassen.

Nehmen wir zum Beispiel das Eigentum: Das Prinzip ist, dass jedem gehört, was er mit seiner Arbeit geschaffen hat, mag diese Arbeit auch vergleichsweise mehr oder weniger geschickt, ausdauernd, glücklich, und folglich mehr oder weniger produktiv gewesen sein. Wenn zwei Arbeiter ihre Kräfte vereinigen wollen, um das Produkt dann nach vereinbarten Anteilen zu teilen, oder wenn sie ihre Produkte untereinander tauschen wollen, oder wenn der eine dem anderen eine Gefälligkeit oder ein Geschenk machen will, was hat das Gesetz damit zu tun? Nichts, scheint mir, als nur, die Ausführung der Übereinkünfte zu überwachen, Diebstahl, Gewalt und Betrug zu hindern oder zu bestrafen.

Heißt dies, dass es einen Akt der Hingabe und der Großzügigkeit verbieten würde? Wer könnte einen solchen Gedanken hegen? Aber ginge es so weit, ihn zu verordnen? Hier ist genau der Punkt, wo sich Ökonomen von Sozialisten scheiden.

Wenn die Sozialisten sagen wollten, dass der Staat für außergewöhnliche Umstände, für dringende Fälle gewisse Ressourcen bereitstellen muss, bei manchem Unglück helfen, bei manchem Umbruch beistehen muss, mein Gott, wir würden einverstanden sein. Das ist geschehen, wir wünschten, dass es besser gemacht würde. Es gibt aber einen Punkt auf diesem Wege, den man nicht überschreiten darf. Es ist der, wo die Vorsorge der Regierung die individuelle Vorsorge zunichte macht und sie ersetzt. Ganz offensichtlich schafft die organisierte Wohltätigkeit in diesem Falle mehr andauerndes Übel als vorübergehendes Wohl.

Aber es handelt sich hier nicht um Ausnahmemaßnahmen. Was wir untersuchen ist: Hat das Gesetz, allgemein und theoretisch betrachtet die Aufgabe der Grenze der  vorherbestehenden gegenseitigen Rechte Respekt zu verschaffen, oder vielmehr direkt den Menschen Glück zu verschaffen, indem es Taten der Hingabe, der Entsagung und gegenseitiger Opfer anregt?

Was mir an diesem letzteren System auffällt (und deshalb werde ich in dieser in Eile verfassten Schrift oft darauf zurückkomme), ist die Unsicherheit, die es über die menschliche Tätigkeit und ihre Ergebnisse verbreitet, ist das Dunkel, vor das es die Gesellschaft stellt, ein Dunkel, das alle ihre Kräfte lähmen kann.

Gerechtigkeit: da weiß man, was sie ist, wo sie ist. Sie ist ein Fixpunkt, unverrückbar. Nehme das Gesetz sie zum Führer, dann weiß jeder, woran er sich halten soll und kann sich folglich danach einrichten.

Aber Brüderlichkeit: wo ist ihr Fixpunkt? Wo ist ihre Grenze? Was ist ihre Form? Offensichtlich ist sie unendlich. Die Brüderlichkeit besteht darin, ein Opfer für jemand anderen zu bringen, für jemand anderen zu arbeiten. Wenn sie frei ist, spontan, freiwillig, erkenne ich sie an und spende ihr Beifall. Ich bewundere das Opfer um so mehr, je vollständiger es ist. Aber wenn man es zum inneren Prinzip der Gesellschaft macht, dass Brüderlichkeit per Gesetz auferlegt wird, das heißt auf gut deutsch, dass die Früchte der Arbeit über das Gesetz verteilt werden, ohne Rücksicht auf die Rechte aus der Arbeit selbst: Wer kann dann vorhersagen, in welchem Maße dieses Prinzip wirken, in welche Form eine Laune des Gesetzgebers es kleiden kann, in welchen Einrichtungen ein Dekret es von heute auf morgen verwirklichen kann? Nun, ich frage, ob unter diesen Bedingungen eine Gesellschaft existieren kann.

Man bemerke wohl, dass das Opfer von Natur aus nicht wie die Gerechtigkeit eine Grenze hat. Es reicht vom Almosen, den man in die Schale eines Bettlers wirft, bis zur Hingabe des Lebens, usque ad mortem, mortem autem crucis. Das Evangelium, das die Menschen die Brüderlichkeit gelehrt hat, lehrte sie durch seine Ratschläge. Es hat uns gesagt: „Wenn man euch auf die rechte Backe schlägt, bietet auch die linke Backe dar. Wenn euch jemand den Rock nimmt, gebt ihm auch den Mantel.“ Es hat uns die Brüderlichkeit nicht nur erklärt, es hat uns das vollständigste, bewegendste und erhabenste Beispiel dafür auf dem Gipfel von Golgatha gegeben.

Also gut! Wird man sagen, dass die Gesetzgebung wirklich bis zur Verwirklichung des Dogmas der Brüderlichkeit auf administrativem Wege vorstoßen muss? Oder wird sie auf halbem Wege stehen bleiben? Aber bei welchem Punkt wird sie halt machen und nach welcher Regel? Das wird heute von einer Wahl abhängen, morgen von einer anderen.

Gleiche Unsicherheiten bei der Form. Handelt es sich darum Opfer Einiger für Alle einzuführen, oder Aller für Einige? Wer kann mir sagen, wie das Gesetz das machen wird? Denn man kann nicht leugnen, dass die Zahl der brüderlichen Verhaltensweisen unendlich ist. Es vergeht kein Tag, wo mir nicht fünf oder sechs mit der Post zugehen, und alle wohlgemerkt vollkommen verschieden. Ist es nicht wirklich töricht zu glauben, dass eine Nation nur etwas moralische Ruhe und materiellen Wohlstand genießen kann, wenn es im Prinzip zugelassen ist, dass der Gesetzgeber sie von heute auf morgen ganz und gar in eine der hunderttausend brüderlichen Gussformen gießen kann, die er augenblicklich bevorzugt?

Sei es mir erlaubt, das ökonomische und das sozialistische System in ihren ins Auge fallenden Konsequenzen zu vergegenwärtigen.

Stellen wir uns zunächst eine Nation vor, die zur Grundlage ihrer Gesetzgebung die Gerechtigkeit nimmt, die allgemeine Gerechtigkeit.

Nehmen wir an, die Bürger sagten zu der Regierung: „Wir nehmen selbst die Verantwortung für unsere Existenz auf uns. Wir kümmern uns um unsere Arbeit, um unsere Geschäfte, um unsere Bildung, um unseren Fortschritt, um unseren Glauben. Was Euch betrifft, Eure einzige Aufgabe wird sein, uns alle, und unter allen Umständen in den Grenzen unseres Rechtes zu halten.“

Man hat nun wirklich so vieles versucht, ich wollte, dass man eines Tages die Phantasie aufbrächte, dies in meiner Heimat oder in irgendeinem Land der Erde zumindest zu versuchen. Man wird sicher nicht leugnen, dass der Mechanismus wunderbar einfach ist. Jeder übt alle seine Rechte aus, wie er mag, wenn er nur nicht in die Rechte anderer eingreift. Der Versuch wäre um so interessanter, als tatsächlich die Völker, die sich diesem System am ehesten nähern, die anderen an Sicherheit, Wohlstand, Gleichheit und Würde übertreffen. Ja, wenn mir zehn Jahre zu leben bleiben, würde ich gerne neun dafür geben, während eines Jahres einem solchen Experiment in meiner Heimat beizuwohnen. Denn von folgendem, scheint mir, würde ich glücklicher Zeuge sein:

Zunächst wäre jeder seiner Zukunft sicher, soweit sie vom Gesetz beeinflusst ist. Wie ich klar gemacht habe ist die genaue Gerechtigkeit eine so klar bestimmte Sache, dass die Gesetzgebung, die nur sie im Sinne hätte, nahezu unveränderlich bliebe. Sie kann nur in den Mitteln variieren, dieses einzige Ziel mehr und mehr zu erreichen: Personen und ihren Rechten Respekt zu verschaffen. So könnte jeder sich ehrenhaften Unternehmungen aller Art ohne Furcht und Unsicherheit widmen. Alle Laufbahnen stünden allen offen. Jeder könnte seine Fähigkeiten frei so ausüben, wie er durch sein Interesse, seine Neigung, Geschicklichkeit oder durch die Umstände bestimmt wäre. Es gäbe weder Privilegien, noch Monopole, noch Regulierungen irgendeiner Art.

Weiterhin, weil die Regierung alle Kraft darauf wenden würde, Diebstahl, Betrug, Strafdelikte, Verbrechen, Gewalttaten zu hindern und sie unterdrücken, wird sie dies Ziel sicherlich umso besser erreichen, als sie sich weniger, wie heute, in einer unzählbaren Menge von Aufgaben verzetteln würde, die ihren wesentlichen Zuständigkeiten fremd sind. Selbst unsere Gegner werden nicht leugnen, dass die erste Aufgabe des Staates ist, Ungerechtigkeit zu hindern und zu unterdrücken. Warum hat dann diese wertvolle Kunst der Vorbeugung und Unterdrückung bei uns so wenig Fortschritt gemacht? Weil der Staat sie vernachlässigt wegen der tausend anderen Funktionen, für die man ihn in Anspruch nimmt. Auch ist Sicherheit nicht der charakteristische Zug der französischen Gesellschaft — weit entfernt. Sie wäre unter der Regierung, die ich im Augenblick untersuche, vollkommen. Sicherheit in Zukunft, denn keine Utopie könnte sich durchsetzen und die öffentliche Gewalt für sich vereinnahmen. Sicherheit in der Gegenwart, da die Gewalt ausschließlich der Bekämpfung und Vernichtung der Ungerechtigkeit gewidmet wäre.

Hier muss ich ein Wort über die Konsequenzen der Sicherheit sagen. Sei also das Eigentum in seinen unterschiedlichen Formen, Grundeigentum, bewegliches, industrielles, geistiges, handwerkliches Eigentum vollkommen garantiert. Geschützt vor den Angriffen der Übeltäter und, mehr noch, vor den Angriffen des Gesetzes. Welcher Art auch die Dienste wären, die die Arbeiter der Gesellschaft oder sich gegenseitig leisten oder die sie nach außen tauschen, diese Dienste hätten immer ihren natürlichen Wert. Dieser Wert wäre wohl noch von Ereignissen beeinflusst — niemals aber von den Launen des Gesetzes, von den Auswirkungen der Steuer, von Intrigen, von parlamentarischem Ehrgeiz und Einfluss. Der Preis der Dinge und der Arbeit wird sich also so wenig wie möglich bewegen, und unter all diesen Bedingungen muss sich insgesamt gewiss die Industrie entwickeln, die Reichtümer sich vermehren, das Kapital sich mit unglaublicher Schnelligkeit akkumulieren.

Nun, wenn die Kapitalien sich vervielfachen, machen sie sich gegenseitig Konkurrenz, ihre Vergütung sinkt, oder, mit anderen Worten, der Zinssatz sinkt. Er macht weniger und weniger von dem Preis des Produktes aus. Der proportionale Anteil des Kapitals am Sozialprodukt wird unaufhörlich sinken. Dieses verbreitetste Arbeitsmittel wird mehr Menschen zugänglich. Der Preis der Verbrauchsgegenstände sinkt um den Teil, den das Kapital weniger beansprucht; das Leben ist billig, und dies ist eine erste wesentliche Bedingung für die Entlastung der Arbeiterklassen.

Gleichzeitig und als eine Wirkung der gleichen Ursache (das schnelle Anwachsen des Kapitals) erhöhen sich die Löhne ganz notwendig. Das Kapital bringt nämlich in Wahrheit absolut nichts, wenn man es nicht arbeiten lässt. Je größer und beschäftigter dieser Fond von Löhnen relativ zu einer festen Zahl von Arbeitern ist, desto mehr steigt der Lohn.

So ist das notwendige Ergebnis dieser Herrschaft der exakten Gerechtigkeit, und folglich der Freiheit und der Sicherheit, die leidenden Klassen auf zweierlei Art zu heben, zunächst gibt sie ihnen billigen Lebensunterhalt, dann hebt sie die Löhne.

Wenn sich das Los der Arbeiter so natürlich und doppelt verbessert, muss sich notwendig auch ihre moralische Verfassung heben und reinigen. Wir sind also auf dem Weg zur Gleichheit. Ich spreche nicht nur von der Gleichheit vor dem Gesetz, die das System schon offensichtlich einschließt, da es jede Ungerechtigkeit ausschließt, sondern die tatsächliche physische und moralische Gleichheit, die daher kommt, dass der Ertrag der Arbeit im gleichen Maß steigt wie der des Kapitals sinkt.

Wenn wir einen Blick auf die Beziehungen dieses Volkes zu den anderen Nationen werfen, finden wir, dass sie alle den Frieden begünstigen. Sich gegen jede Aggression im vorhinein zu wappnen, ist seine einzige Politik. Es droht weder noch ist es bedroht. Es hat keine Diplomatie und erst recht keine bewaffnete Diplomatie. Dank dem Prinzip universeller Gerechtigkeit könnte kein Bürger das Gesetz in seinem Interesse eingreifen lassen, um einen anderen Bürger zu hindern, im Ausland zu kaufen oder zu verkaufen; so wären die Geschäftsbeziehungen dieses Volkes frei und sehr ausgedehnt. Niemand wird abstreiten, dass diese Beziehungen zur Erhaltung des Friedens beitragen. Sie werden für es ein wahrhaftes und wertvolles System der Verteidigung sein, das die Militärarsenale, die Festungen, die Marine, die stehenden Armeen nahezu unnütz macht. So wären alle Kräfte des Volkes produktiven Tätigkeiten zugewandt, ein weiterer Grund für das Anwachsen von Kapital mit allen Konsequenzen, die daraus folgen.

Es ist leicht zu sehen, dass innerhalb dieses Volkes die Regierung auf sehr begrenzte Ausmaße beschränkt ist und die Verwaltungswege auf große Einfachheit. Worum handelt es sich? Darum, der öffentlichen Gewalt als einzige Aufgabe anzuvertrauen, unter den Bürgern Gerechtigkeit herrschen zu lassen. Nun, dies lässt sich billig machen und kostet selbst heute in Frankreich nur sechsundzwanzig Millionen. Also wird eine solche Nation sozusagen keine Steuern zahlen. Es ist sogar sicher, dass die Zivilisation und der Fortschritt die Regierung dort tendenziell immer einfacher und billiger machen. Je mehr nämlich die Gerechtigkeit zum Ergebnis guter gesellschaftlicher Gepflogenheiten wird, umso mehr ist es angebracht, die Gewalt, die benötigt wird, um sie durchzusetzen, zu reduzieren.

Wenn eine Nation von Steuern erdrückt ist, ist nichts schwieriger und ich möchte sagen unmöglicher, als sie gleich zu verteilen. Die Statistiker und Finanzpolitiker erstreben es nicht mehr. Noch unmöglicher ist jedoch, sie auf die Reichen zu beschränken. Der Staat kann nicht viel Geld haben, wenn er nicht bei allen und vor allem bei den Massen abschöpft. Aber bei der so einfachen Staatsordnung, der ich dieses nutzlose Plädoyer widme, eine Ordnung, die nur einige zehn Millionen erfordert, ist nichts einfacher als eine gleiche Verteilung. Ein einziger Beitrag, proportional zum Einkommen, erhoben pro Familie und ohne Gemeindeabgaben, reicht dafür. Weg mit den Kletten des Finanzamts, dieser gefräßigen Bürokratie, dem schmarotzenden Ungeziefer am Gesellschaftskörper; keine indirekten Steuern mehr, dieses mit Gewalt und List geraubte Geld, diese fiskalischen Fallen auf allen Pfaden der Arbeit, diese Fesseln, die uns mehr noch schaden durch die Freiheiten, die sie uns nehmen, als durch die Mittel, die sie uns rauben.

Muss ich zeigen, dass Ordnung das unfehlbare Ergebnis einer solchen Staatsform wäre? Woher sollte Unordnung kommen? Nicht aus dem Elend. Es wäre wahrscheinlich in dem Lande unbekannt, zumindest als chronischer Zustand, und wenn sich schließlich doch ab und dann vorübergehend Leiden zeigt, dächte keiner daran, sich an den Staat zu wenden, an die Regierung, an das Gesetz. Heute, wo man im Prinzip davon ausgeht, dass der Staat die Aufgabe hat, den Reichtum an alle zu verteilen, fordert man von ihm natürlich eine Einlösung dieser Zusage. Um es zu halten, vervielfältigt er die Steuern und schafft mehr Elend, als er heilt. Neue Forderungen von der Seite der Öffentlichkeit, neue Steuern von Seiten des Staates, und wir können nur von Revolution zu Revolution schreiten. Aber wenn anerkannt wäre, dass der Staat von den Arbeitern nur nehmen darf, was strikt unentbehrlich ist, um sie gegen jeden Betrug und jede Gewalt zu bewahren, so wüsste ich nicht, wie es zur Unordnung kommen sollte.

Manche werden glauben, dass unter einer so einfachen, so leicht zu führenden Regierung, die Gesellschaft recht düster und traurig wäre. Was würde aus der großen Politik? Wozu dienten die Staatsmänner? Und würde die Nationalversammlung, wenn sie darauf beschränkt wäre, das Bürgerliche und das Strafgesetzbuch zu vervollkommnen, noch der Neugier der Öffentlichkeit das Schauspiel ihrer leidenschaftlichen Debatten und dramatischen Kämpfe bieten?

Diese seltsame Besorgnis kommt von der Idee, dass die Regierung und die Gesellschaft ein und dasselbe sind; die falscheste und unheilvollste Idee die es je gab. Bestünde diese Einheit, so hieße, die Regierung zu vereinfachen tatsächlich, die Gesellschaft einzuschränken.

Aber wenn die öffentliche Gewalt sich nur darauf beschränkte, die Gerechtigkeit herrschen zu lassen, beschneidet das in irgendeiner Art die Initiative der Bürger? Ist ihr Handlungsspielraum, selbst heute, auf gesetzlich festgelegte Grenzen beschränkt? Stünde es ihnen nicht frei — vorausgesetzt sie verlassen nicht die Grenzen der Gerechtigkeit — unbegrenzt Organisationen zu bilden, Vereinigungen aller Art, religiös, wohltätig, industriell, landwirtschaftlich, intellektuell, und sogar kommunistische Produktionsgemeinschaften und ikarische? Ist nicht vielmehr sicher, dass der Überfluss an Kapital all solche Unternehmungen begünstigen wird? Nur wird jeder freiwillig auf seine Gefahr und sein Risiko beitreten. Was man durch das Eingreifen des Staates erreichen will, ist, dass man auf öffentliche Kosten und öffentliches Risiko beitritt.

Man wird zweifellos sagen: „Unter dieser Herrschaft sehen wir wohl Gerechtigkeit, Ökonomie, Freiheit, Reichtum, Frieden, Ordnung und Gleichheit, aber wir sehen dort keine Brüderlichkeit.“

Noch einmal, gibt es im Menschenherzen nichts als was der Gesetzgeber dort hineingelegt hat? Musste die Brüderlichkeit, damit sie auf Erden erscheine, der Wahlurne entsteigen? Verbietet Ihnen das Gesetz Wohltätigkeit allein dadurch, dass es Ihnen nur Gerechtigkeit auferlegt? Glaubt man, dass die Frauen aufhören werden, ihr Herz hingebungsvoll vom Mitleid rühren zu lassen, weil die Selbstaufopferung und das Mitleid ihnen nicht von dem Gesetzbuch verordnet würden. Und wo ist denn der Paragraph des Gesetzbuches, der das junge Mädchen den Liebkosungen seiner Mutter entreißt und es in traurige Unterkünfte stößt, wo es sich abstoßende Wunden des Körpers und noch abstoßenderen Wunden des Geistes holt? Welcher Paragraph des Gesetzbuches diktiert die Berufung des Priesters? Auf welches geschriebene Gesetz, auf welchen Eingriff der Regierung muss man die Gründung des Christentums zurückführen, den Eifer der Apostel, den Mut der Märtyrer, die Wohltätigkeit von Fénelon oder Franziscus von Paula, die Entsagung so vieler Menschen, die in unseren Tagen tausendfach ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben für den Triumph der Sache des Volkes?

Jedes Mal, wenn wir eine Handlung gut und schön finden, wünschen wir uns natürlich, dass sie allgemein wird. Nun sehen wir inmitten der Gesellschaft eine Gewalt, der alles weicht, und unser erster Gedanke ist, sie zur Hilfe zu nehmen, um die gewünschte Handlung vorzuschreiben und aufzuerlegen. Aber die Frage ist, ob man nicht sowohl die Natur dieser Gewalt als auch die Natur dieser Handlung erniedrigt, wenn man obligatorisch macht, was freiwillig war. Mir meinerseits könnte es nicht in den Kopf kommen, dass das Gesetz, das die Gewalt ist, sinnvoll für etwas anderes anzuwenden ist, als Unrecht zu unterdrücken und Rechte zu erhalten.

Ich habe gerade eine Nation beschrieben, wo es so wäre. Nehmen wir jetzt an, dass in diesem Volke die Meinung vorwiegt, dass das Gesetz sich nicht mehr darauf beschränken soll, die Gerechtigkeit durchzusetzen; dass es auch erstreben soll, die Brüderlichkeit durchzusetzen.

Was wird geschehen? Ich brauche das nicht lange auszuführen, denn der Leser braucht nur das vorhergehende Szenario in Umkehrung zu wiederholen.

Zunächst wird sich eine entsetzliche Unsicherheit, eine tödliche Unsicherheit über den ganzen Bereich der privaten Aktivität ausbreiten. Denn die Brüderlichkeit kann Milliarden unbekannter Formen annehmen, und folglich Milliarden unvorhergesehene Dekrete hervorbringen. Unzählige Entwürfe werden täglich alle erprobten Beziehungen bedrohen. Im Namen der Brüderlichkeit wird Einer die Gleichheit der Löhne fordern — und schon sind die Arbeiterklassen auf das Niveau der indischen Kasten gedrückt. Weder Geschicklichkeit, noch Mut, noch Beharrlichkeit, noch Intelligenz können sie heben, ein Gesetz aus Blei lastet auf ihnen. Diese Welt wird für sie sein wie Dantes Hölle: Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate. Im Namen der Brüderlichkeit wird ein Anderer fordern, dass die Arbeit auf zehn, acht, vier Stunden beschränkt wird, und schon stockt die Produktion. Weil es kein Brot mehr gibt, den Hunger zu stillen, kein Tuch gegen die Kälte, wird ein dritter anregen, das Brot und Tuch durch Zwangspapiergeld zu ersetzen. Kaufen wir nicht die Dinge mit Talern? Taler zu vervielfältigen, wird er sagen, heißt Brot und Tuch vervielfältigen, Papier vervielfältigen heißt Taler vervielfältigen. Na also! Ein Vierter wird fordern, dass man die Konkurrenz, ein Fünfter, dass man den Eigennutz abschaffe. Dieser will, dass der Staat für Arbeit sorgt, Jener für Ausbildung, wieder ein Anderer die Grundrente aller Bürger. Hier ist ein Anderer, der alle Könige von der Erdoberfläche vertreiben und im Namen der Brüderlichkeit den totalen Krieg erklären will. Ich höre auf. Ganz offensichtlich ist auf diesem Wege die Quelle der Utopien unerschöpflich. Sie werden abgelehnt werden, sagt man. Vielleicht. Aber vielleicht auch nicht, und das genügt, Unsicherheit zu erzeugen, die schlimmste Geißel der Beschäftigung.

Unter dieser Herrschaft kann sich kein Kapital bilden. Es wird rar sein, teuer, konzentriert. Das bedeutet, dass die Löhne fallen, dass die Ungleichheit zwischen den Klassen einen immer tieferen Abgrund wachsen lässt.

Die öffentlichen Finanzen werden schnell vollkommen in Unordnung geraten. Wie könnte es anders sein, wenn der Staat auf sich nimmt, alle mit allem zu versorgen? Das Volk wäre erdrückt von Steuern, man emittiert eine Anleihe nach der anderen, nachdem man die Gegenwart erschöpft hat, verschlingt man die Zukunft.

Schließlich, da es im Prinzip einmal anerkannt ist, dass der Staat zu Gunsten der Bürger Brüderlichkeit ausüben soll, wird man das ganze Volk in Bittsteller verwandelt sehen. Grundeigentum, Landwirtschaft, Industrie, Handel, Seefahrt, Industrieunternehmen, alles eifert, Vergünstigungen des Staates zu fordern. Der Staatshaushalt wäre buchstäblich zur Plünderung freigegeben. Jeder hätte gute Gründe zu beweisen, dass die gesetzliche Brüderlichkeit in diesem Sinne interpretiert werden muss: „Die Vorteile für mich und die Lasten für die anderen.“ Alle Anstrengung wird sich darauf richten, der Gesetzgebung einen Fetzen des brüderlichen Privilegs zu entreißen. Die leidenden Klassen hätten wohl die meisten Rechtstitel, doch nicht immer den meisten Erfolg. So wird ihre Menge sich unaufhörlich erhöhen, mit der Folge, dass man nur von Revolution zu Revolution schreiten kann.

Mit einem Wort, man wird sich das ganze düstere Schauspiel entfalten sehen, dessen Vorspiel uns manche moderne Gesellschaften bieten, die die verhängnisvolle Idee der gesetzlichen Brüderlichkeit angenommen haben.

Ich brauche es nicht zu betonen: Dieser Gedanke entspringt aus großzügigen Gefühlen, aus reinen Absichten. Gerade dadurch hat er so schnell die Sympathie der Massen gewonnen, und dadurch reißt er auch einen Abgrund unter unseren Füßen auf, wenn er falsch ist.

Im Übrigen wäre ich für mein Teil glücklich, wenn man mir beweisen würde, dass er nicht falsch ist. Ach, mein Gott, wenn man die allgemeine Brüderlichkeit verordnen und diese Verordnung wirksam mit der Sanktion der öffentlichen Gewalt ausstatten kann, wenn man, wie es Louis Blanc will, den Antrieb des Eigennutzes durch Handaufzeigen aus der Welt verschwinden lassen kann, wenn man gesetzlich als Artikel des Programmes der pazifistischen Demokratie verwirklichen kann: kein Egoismus mehr, wenn man erreichen kann, dass der Staat allen alles gibt, ohne von jemandem etwas zu erhalten: Dann nur zu! Ja, ich würde für die Verordnung stimmen und mich freuen, dass die Menschheit auf so kurzem und leichtem Wege zu Vollkommenheit und Glück gelangt.

Aber ehrlich gesagt scheinen uns solche Konzepte schimärenhaft und wertlos, ja geradezu kindisch. Dass sie in der Klasse, die arbeitet, leidet und keine Zeit hat nachzudenken, Hoffnungen erregt haben, ist nicht überraschend. Aber wie konnten sie Publizisten von Verdienst irreleiten?

Im Angesicht der Leiden, die eine große Zahl unserer Brüder drücken, dachten diese Publizisten, dass die Freiheit, das heißt die Gerechtigkeit, daran schuld ist. Sie gingen davon aus, dass das System der Freiheit, der exakten Gerechtigkeit, gesetzlich auf die Probe gestellt und dass es gescheitert ist. Daraus schlossen sie, es sei an der Zeit, in der Gesetzgebung einen Schritt weiter zu gehen, sie müsse sich endlich das Prinzip der Brüderlichkeit zu eigen machen. Daher diese Saint-Simon’schen, Fourier’schen, Kommunistischen, Owen’schen Schulen; daher diese Versuche, die Arbeit zu organisieren; diese Erklärungen, dass der Staat allen Bürgern Unterhalt, Wohlstand, Bildung schulde; dass er großzügig, wohltätig, allgegenwärtig, allen ergeben sein muss; dass seine Aufgabe ist, Kinder zu stillen, die Jugend auszubilden, den Starken Arbeit zu garantieren, den Schwachen Renten — mit einem Wort, dass er direkt einzugreifen hat, um alle Leiden zu lindern, alle Bedürfnisse zu befriedigen und für sie vorzusorgen, dass er alle Unternehmungen mit Kapital ausstatten und alle Geister aufklären soll, dass er Balsam für alle Wunden, Asyl für alle Unglücklichen und sogar Hilfe und französisches Blut für alle Unterdrückten auf Erden bieten soll.

Noch einmal, wer wollte nicht, dass sich diese Wohltaten per Gesetz über die Welt ausgießen wie aus unversiegbarer Quelle? Wer wäre nicht glücklich, alle Mühe, alle Vorsehung, alle Verantwortung, alle Pflicht, alles, was die Vorsehung in undurchschaubarer Absicht an Plage und Last dem menschlichen Los auferlegt hat, den Staat auf sich nehmen zu sehen, und den Individuen vorzubehalten, was die anziehende und leichte Seite ausmacht, die Befriedigungen, die Genüsse, die Sicherheit, die Ruhe, die Erholung, eine immer sichere Gegenwart, eine immer lächelnde Zukunft, ein Glück ohne Sorgen, eine Familie ohne Lasten, Kredit ohne Garantien, eine Existenz ohne Anstrengung?

Sicher, all dies wünschten wir, wenn es möglich wäre. Aber ist es möglich? Das ist die Frage. Wir können nicht recht verstehen, was man mit dem Staat meint. Wir glauben, dass sich unter dieser beständigen Personifizierung des Staates die merkwürdigste, demütigendste Mystifikation verbirgt. Was also ist dieser Staat, der alle Tugenden, alle Pflichten, alle Freiheiten auf seine Rechnung nimmt? Woher nimmt er diese Ressourcen, die er in Wohltaten über die Individuen ausgießen soll? Etwa nicht von den Individuen selbst? Wie können sich also die Ressourcen dadurch vermehren, dass sie durch die Hände eines parasitären und gefräßigen Vermittlers gehen? Hat dieses Räderwerk nicht offensichtlich die gegenteilige Wirkung, viel nützliche Kraft zu schlucken und um ebensoviel den Anteil der Arbeiter zu vermindern? Sieht man denn nicht, dass sie dabei mit einem Teil ihres Wohlstandes einen Teil ihrer Freiheit lassen?

Aus welchem Blickwinkel ich auch das menschliche Gesetz betrachte, ich sehe nicht, dass man von ihm vernünftigerweise etwas anderes fordern kann als die Gerechtigkeit.

Nehmen wir zum Beispiel die Religion. Sicher, es wäre zu wünschen, dass es nur einen Glauben, ein Bekenntnis, einen Kult auf der Welt gäbe, wenn es denn der wahre Glauben wäre. Aber so wünschenswert die Einheit ist — die Vielfalt, dass heißt Forschung und Diskussion, sind noch mehr wert, solange nicht für jedermanns Verstand das unfehlbare Zeichen erscheint, an dem sich der wahre Glaube erkennen lässt. Der Eingriff des Staates, selbst wenn er Brüderlichkeit zum Vorwand nimmt, wäre also Unterdrückung, Ungerechtigkeit, wenn er vorgäbe, die Einigkeit zu begründen; denn wer garantiert uns, dass der Staat nicht, unbewusst vielleicht, daran arbeitet, die Wahrheit zu Gunsten des Irrtums zu ersticken? Die Einigkeit muss aus allgemeinem Zusammenstimmen freier Überzeugungen kommen und aus der natürlichen Anziehungskraft, die die Wahrheit auf den menschlichen Geist ausübt. Alles, was man also von dem Gesetz fordern kann, ist die Freiheit aller Glaubensrichtungen, was für eine Anarchie daraus auch in der Welt des Denkens entstehen mag. Denn was beweist diese Anarchie? Dass Einigkeit nicht am Anfang sondern am Ende der intellektuellen Entwicklung steht. Sie ist kein Ausgangspunkt, sondern ein Ergebnis. Das Gesetz, das sie erzwingt, wäre ungerecht, und wenn die Gerechtigkeit nicht notwendig Brüderlichkeit einschließt, wird man zumindest zugeben, dass die Brüderlichkeit Ungerechtigkeit ausschließt.

Ebenso bei der Bildung. Freilich, wenn man über den nach Inhalt und Methode bestmöglichen Unterricht einer Meinung sein könnte, so wäre der gleichartige oder staatliche Unterricht vorzuziehen, da er nach Voraussetzung von Gesetz wegen nur den Irrtum ausschließen könnte. Aber solange dieses Kriterium nicht gilt, solange der Gesetzgeber, der Bildungsminister nicht auf ihrer Stirn ein unwiderlegbares Mal der Unfehlbarkeit tragen, besteht die beste Chance, dass sich die wahre Methode enthüllt und die anderen verdrängt, in der Vielfalt, den Versuchen, der Erfahrung, in individuellen Bemühungen geleitet von dem Interesse am Erfolg, mit einem Wort, in der Freiheit. Das Schlechteste ist die verordnete und uniformierte Erziehung. Denn unter diesem System ist der Irrtum beständig, universell und unheilbar. Wer also aus dem Gefühl der Brüderlichkeit heraus die Erziehung durch Gesetz geregelt und verordnet haben will, müsste sich denken, dass er Gefahr läuft, dass das Gesetz nur den Irrtum regelt und verordnet, dass das gesetzliche Verbot die Wahrheit treffen kann, wenn es die Geister trifft, die sie innezuhaben glauben. Nun frage ich: Ist es wahre Brüderlichkeit, die zur Gewalt greift, um den Irrtum durchzusetzen, oder die das doch zumindest riskiert? Man fürchtet die Vielfalt, man beschimpft sie unter dem Namen Anarchie. Aber sie geht zwingend aus der Vielfalt der Geister und Überzeugungen selbst hervor, eine Vielfalt, die übrigens dazu neigt, durch Diskussion, Studium und Erfahrung zu verschwinden. Welche Berechtigung hat unterdes ein System mittels Gesetz oder die Gewalt vor anderen den Vorrang zu haben? Auch hier finden wir, dass die vorgebliche Brüderlichkeit, die das Gesetz anruft, oder den gesetzlichen Zwang, im Widerspruch zur Gerechtigkeit steht.

Ich könnte dieselben Überlegungen für die Presse anstellen, und in der Tat verstehe ich nicht recht, warum diejenigen, die die einheitliche Erziehung durch den Staat fordern, nicht auch die einheitliche Presse durch den Staat fordern. Die Presse ist auch eine Unterrichtung. Die Presse lässt Diskussion zu, da sie davon lebt. Es gibt dort also auch Vielfalt, Anarchie. Warum nach diesen Ideen nicht ein Ministerium für Öffentlichkeitsarbeit schaffen und es beauftragen, alle Bücher und Journale Frankreichs in Auftrag zu geben? Entweder ist der Staat unfehlbar und wir könnten also nichts besseres tun, als ihm den gesamten intellektuellen Bereich unterzuordnen oder er ist es nicht, und in diesem Fall ist es nicht rationaler, ihm die Erziehung zu überlassen als die Presse.

Betrachte ich unsere Beziehungen mit dem Ausland, so sehe ich auch keine andere kluge, solide, für alle annehmbare Regel — eine Regel also, die ein Gesetz werden könnte — als die Gerechtigkeit. Diese Beziehungen dem Prinzip der gesetzlichen, erzwungenen Brüderlichkeit zu unterwerfen, heißt den beständigen universellen Krieg zu erklären, denn es heißt unsere Kraft, das Blut und das Glück von Bürgern zwangsweise jedem dienstbar zu machen, der sie anfordert, um einer Sache zu dienen, die die Sympathie des Gesetzgebers erregt. Sonderbare Brüderlichkeit. Schon vor langer Zeit hat Cervantes ihre lächerliche Eitelkeit personifiziert.

Aber besonders auf dem Gebiet der Arbeit scheint mir das Dogma der Brüderlichkeit gefährlich, wenn man im Widerspruch zur wesentlichen Idee, die dies geheiligte Wort ausdrückt, daran denkt, ihm in unsere Gesetzbücher Eingang zu verschaffen mit der Strafdrohung, die jedes positive Gesetz begleitet.

Die Brüderlichkeit enthält immer die Idee der Hingabe, des Opfers und darin offenbart sie sich und entlockt uns Tränen der Bewunderung. Wenn man wie gewisse Sozialisten sagt, dass ihre Taten dem Täter nützen, braucht man sie nicht zu verordnen. Die Menschen brauchen kein Gesetz, um veranlasst zu werden, Gewinn zu machen. Im Übrigen erniedrigt und trübt dieser Gesichtspunkt die Idee der Brüderlichkeit sehr.

Belassen wir ihr also ihren Charakter, der in diesen Worten eingeschlossen ist: Ein freiwilliges Opfer aus brüderlichem Gefühl.

Wenn Ihr aus der Brüderlichkeit eine gesetzliche Vorschrift macht, deren Taten vom Industriegesetzbuch vorgesehen und zwingend wären, was bleibt dann von dieser Definition? Nur eines: das Opfer; aber das unfreiwillige, erzwungene Opfer, ausgelöst durch Furcht vor Strafe. Und, Hand aufs Herz, was ist ein Opfer dieser Natur, dem einen auferlegt zum Nutzen des anderen? Ist das Brüderlichkeit? Nein, das ist Ungerechtigkeit. Man muss es aussprechen, das ist gesetzlicher Raub, der schlimmste Raub, denn er ist systematisch, permanent und man kann ihm nicht entgehen.

Was tat Barbès, als er in der Sitzung vom 15. Mai eine Steuer von einer Milliarde zu Gunsten der leidenden Klassen verordnete? Er setzte Euer Prinzip in die Praxis um. Dies ist so wahr, dass der Aufruf von Sobrier, der die Rede von Barbès abschließt, mit diesen Worten eingeleitet wird: „Damit die Brüderlichkeit kein leeres Wort mehr sei, sondern sich in Taten offenbart, wird verordnet: Die Kapitalisten, die als solche bekannt sind, zahlen … etc.“

Ihr, die Ihr Euch lauthals beschwert, mit welchem Recht beschuldigt Ihr Barbès und Sorbrier? Was haben sie getan, als ein bisschen konsequenter zu sein als Ihr, und Ihr eigenes Prinzip ein bisschen weiter zu treiben?

Ich behaupte, dass dieses Prinzip, sobald es in die Gesetzgebung gelangt ist, auch wenn es dort zunächst nur schüchtern in Erscheinung tritt, das Kapital und die Arbeit mit Trägheit schlägt. Denn nichts garantiert, dass es sich nicht unbeschränkt entwickelt. Muss man denn so viel argumentieren, um zu zeigen, dass die Menschen, wenn sie nicht mehr die Sicherheit haben, die Früchte ihrer Arbeit zu genießen, weniger oder gar nicht mehr arbeiten? Die Unsicherheit, wohlgemerkt, ist das erste Mittel zur Auflösung des Kapitals. Sie verjagt es, sie hindert es daran, sich zu bilden. Und was wird dann aus eben den Klassen, deren Leiden man zu lindern vorgibt? Ich glaube ernsthaft, diese Ursache genügt allein, um in kurzer Zeit die reichste Nation auf ein Niveau unter dem der Türkei absteigen zu lassen.

Das Opfer, das den einen zu Gunsten anderer über die Steuern auferlegt wird, verdirbt offensichtlich den Charakter der Brüderlichkeit. Wer hat das Verdienst daran? Der Gesetzgeber? Es kostet ihn nichts als eine Kugel in die Urne zu legen. Der Steuereinnehmer? Er gehorcht aus Furcht entlassen zu werden. Der Steuerzahler? Er zahlt, um seine Haut zu retten. Wem wird man also das Verdienst zurechnen, das das Opfer mit sich bringt? Wo wird man die Moral darin suchen?

Der außergesetzliche Raub ruft allgemeinen Abscheu hervor, er wendet alle Macht der öffentlichen Meinung gegen sich und setzt sie in Übereinstimmung mit ihrem Verständnis von Gerechtigkeit. Der gesetzliche Raub vollzieht sich im Gegensatz dazu, ohne das Gewissen zu belasten, was das moralische Gefühl innerhalb des Volkes schwächen muss.

Mit Mut und Umsicht kann man sich vor dem gesetzeswidrigen Raub schützen. Nichts kann dem gesetzlichen Raub widerstehen. Was ist das betrübliche Schauspiel, das sich der Gesellschaft bietet, wenn jemand es doch versucht? Ein Räuber bewappnet mit dem Gesetz, ein Opfer, das dem Gesetz Widerstand leistet.

Wenn das Gesetzbuch den Bürgern unter dem Vorwand der Brüderlichkeit gegenseitige Opfer auferlegt, ändert sich die menschliche Natur dadurch nicht. Die Mühe eines jeden richtet sich dann darauf, zur Masse der Opfer wenig beizutragen und viel herauszuholen. Nun, sind in diesem Kampf etwa die Unglücklichsten diejenigen, die gewinnen? Sicherlich nicht, sondern die Einflussreichsten und Intrigantesten.

Sind Einigkeit, Eintracht, Harmonie zumindest die Frucht einer so verstandenen Brüderlichkeit? Ach! Ohne Zweifel, die Brüderlichkeit ist die göttliche Kette, die auf die Dauer Individuen, Familien, Nationen und Rassen zur Einigkeit führen wird — aber nur wenn sie bleibt, was sie ist, nämlich das freieste, spontanste, freiwilligste, verdienstvollste, religiöseste der Gefühle. Nicht ihre Maske wird das Wunder vollbringen, und der gesetzmäßige Raub mag den Namen Brüderlichkeit annehmen, ihre Form, ihre Ausdrucksweisen, ihre Wahrzeichen. Er wird immer nur ein Prinzip der Zwietracht, der Unordnung, ungerechter Ansprüche, des Schreckens, des Elends, der Faulheit und des Hasses sein.

Man macht uns einen schweren Vorwurf. Man sagt uns: Es ist wohl wahr, dass die Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz die Gerechtigkeit ist. Aber die genaue Gerechtigkeit bleibt neutral zwischen Reichen und Armen, Starken und Schwachen, Wissenden und Unwissenden, Eigentümern und Proletariern, Landesgenossen und Fremden. Nun sind die Interessen natürlicherweise entgegengesetzt, und den Menschen ihre Freiheit zu lassen, zwischen ihnen nur gerechte Gesetze eingreifen zu lassen, heißt, den Armen zu opfern, den Schwachen, den Unwissenden, den Proletarier, den Athleten, der sich unbewaffnet dem Kampf stellt.

Was kann man von der industriellen Freiheit erwarten,

sagt Herr Considérant,

auf die man so gezählt hat, von dem berühmten Prinzip der freien Konkurrenz, dem man so entschieden einen demokratischen Charakter der Organisation zutraute?  Es kann nur die allgemeine Versklavung, die kollektive Auslieferung der Massen ohne Kapital, ohne industrielle Waffen, ohne Arbeitsmittel und schließlich ohne Ausbildung an die vorbereitete und gut bewaffnete industrielle Klasse daraus hervorgehen. Man sagt: „Der Ring ist offen, alle Individuen sind zum Kampf aufgerufen, die Bedingungen sind für alle Kämpfer gleich.“ Gut, man vergisst nur eines, nämlich dass auf dem großen Schlachtfeld die einen unterrichtet, kriegserfahren, ausgestattet, bis an die Zähne bewaffnet sind, dass sie einen großen Tross mit Verpflegung, Material, Munition und Kriegsmaschinen haben, dass sie alle Positionen besetzen, und dass die anderen entblößt, nackt, unwissend, verhungert, gezwungen sind, von Tag zu Tag zu leben und ihre Frauen und Kinder zu unterhalten und von ihren Gegnern selbst eine beliebige Arbeit und einen mageren Lohn anzunehmen.

Was! Man vergleicht die Arbeit mit dem Krieg! Diese Waffen, die man Kapital nennt, die aus Ausstattung aller Art bestehen, und die niemals zu etwas anderem verwendet werden können, als dazu, die widerspenstige Natur zu besiegen, vergleicht man in einem bedauerlichen Sophismus mit den blutigen Waffen, die die Menschen in Kämpfen gegeneinander wenden! Wahrhaftig es ist zu einfach, die industrielle Ordnung in Verruf zu bringen, indem man, um sie zu beschreiben, das ganze Kriegsvokabular entleiht.

Die grundsätzliche, unversöhnliche Meinungsverschiedenheit zwischen Sozialisten und Ökonomen über diesen Punkt besteht in Folgendem: die Sozialisten glauben an den wesentlichen Gegensatz der Interessen. Die Ökonomen glauben an die natürliche Harmonie, oder vielmehr an die notwendige und zunehmende Harmonisierung der Interessen. Das ist alles.

Unter der Voraussetzung, dass die Interessen von Natur entgegengesetzt sind, werden die Sozialisten in zwingender Logik dazu geführt, für die Interessen eine künstliche Organisation zu suchen, oder vielmehr, wenn möglich, im Herzen des Menschen das Empfinden von Interesse zu ersticken. Das hat man in Luxemburg versucht. Aber wenn sie auch verrückt genug sind, sind sie doch nicht stark genug, und man braucht nicht eigens zu erwähnen, dass sie, nachdem sie in ihren Büchern gegen den Individualismus gepredigt haben, ihre Bücher verkaufen und sich genau wie das gemeine Volk dem gewöhnlichen Lauf des Lebens überlassen.

Ah! zweifellos, wenn die Interessen natürlicherweise entgegengesetzt sind, muss man die Gerechtigkeit, die Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz mit Füßen treten. Man muss die Welt neu schaffen, oder wie sie sagen, die Gesellschaft nach einem der zahlreichen Pläne neu ordnen, die sie unablässig erfinden. Das Interesse, als Prinzip der Unordnung, muss man durch die gesetzliche Hingabe ersetzen, auferlegt, unfreiwillig, erzwungen, mit einem Wort, durch den organisierten Raub; und weil dieses neue Prinzip unendlichen Widerwillen und Widerstand erregen muss, wird man zunächst versuchen, es unter dem verlogenen Namen der Brüderlichkeit annehmbar zu machen; danach wird man sich auf das Gesetz berufen, das die Gewalt ist.

Aber wenn die Vorsehung sich nicht getäuscht hat, wenn sie die Dinge so eingerichtet hat, dass die Interessen unter dem Gesetz der Gerechtigkeit natürlicherweise zu überaus harmonischer Verbindung gelangen; wenn sie sich — nach den Worten von Herrn Lamartine — durch Freiheit eine Gerechtigkeit schaffen, die ihnen Willkür nicht geben kann; wenn die Gleichheit der Rechte der sicherste, direkteste Weg zur tatsächlichen Gleichheit ist, oh!, dann können wir vom Gesetz nur Gerechtigkeit fordern, Freiheit, Gleichheit, wie man nur die Beseitigung der Hindernisse fordert, damit jeder Wassertropfen des Ozeans sein Niveau erreicht.

Und dies ist der Schluss, zu dem die politische Ökonomie kommt. Diesen Schluss sucht sie nicht, sie findet ihn; aber sie ist glücklich ihn zu finden, denn erfüllt es nicht den Geist mit tiefer Befriedigung, in der Freiheit Harmonie zu sehen, wenn anderen nur übrig bleibt, sie von Willkür zu fordern?

Die hasserfüllten Parolen, die Sozialisten häufig gegen uns richten, sind in Wahrheit ziemlich merkwürdig! Ei was! Wenn wir leider Unrecht hätten, müssten sie es nicht bedauern? Was sagen wir? Wir sagen: Nach gründlicher Prüfung muss man anerkennen, dass Gott es gut eingerichtet hat, dass die beste Bedingung für Fortschritt Gerechtigkeit und Freiheit ist.

Die Sozialisten glauben uns im Irrtum — das ist ihr Recht. Aber sie sollten zumindest darüber betrübt sein. Wenn erwiesen ist, dass wir irren, so ist es folglich notwendig, das Natürliche durch das Künstliche zu ersetzen, die Freiheit durch Willkür, die ewige göttliche Einrichtung durch zufällige menschliche Erfindung.

Stellen wir uns vor, dass ein Chemieprofessor sagte: „Die Welt ist von einer großen Katastrophe bedroht; Gott hat nicht gut vorgesorgt. Ich habe die Luft analysiert, die den menschlichen Lungen entströmt, und festgestellt, dass sie nicht mehr zur Atmung geeignet ist; so dass ich, wenn ich das Volumen der Atmosphäre berechne, den Tag vorhersagen kann, wo sie ganz verdorben sein wird, und wo die Menschheit an Schwindsucht zugrunde gehen wird, zumindest wenn sie nicht eine künstliche Art der Atmung annimmt, die ich erfunden habe.“

Ein anderer Professor tritt auf und sagt: „Nein, die Menschheit wird nicht so zugrunde gehen. Es ist wahr, dass die Luft, die dem tierischen Leben gedient hat, für diesen Zweck verdorben ist, aber sie ist für das pflanzliche Leben geeignet, und was die Pflanzen ausatmen ist günstig für die Atmung des Menschen. Eine unvollständige Untersuchung hat dazu geführt zu glauben, dass Gott sich getäuscht habe, eine genauere Forschung zeigt, dass er Harmonie in seine Werke gelegt hat. Die Menschen können fortfahren zu atmen, wie die Natur es gewollt hat.“

Was würde man sagen, wenn der erste Professor den zweiten mit Beleidigungen überhäufte und sagte: „Sie sind ein hartherziger Chemiker, trocken und kalt; Sie predigen das grauenhafte Laissez-faire; Sie lieben die Menschheit nicht, denn sie zeigen die Nutzlosigkeit meines Atmungsapparates?“

Da hat man unsere ganze Querele mit den Sozialisten. Alle beide wollen wir die Harmonie. Sie suchen sie in unzähligen Kombinationen, die das Gesetz den Menschen auferlegen soll; wir finden sie in der Natur der Menschen und der Dinge.

Hier wäre der Ort zu zeigen, dass die Interessen zur Harmonie streben, denn das ist die ganze Frage. Aber das erforderte einen Kurs in politischer Ökonomie, und der Leser wird mir das im Augenblick erlassen. Ich sage nur soviel: „Wenn die politische Ökonomie es schafft, die Harmonie der Interessen zu erkennen, liegt es daran, dass sie nicht wie der Sozialismus bei den unmittelbaren Folgen der Phänomene Halt macht, sondern bis zu den letzten und entscheidenden Wirkungen geht.“ Das ist das ganze Geheimnis. Die zwei Schulen unterscheiden sich genau wie die zwei Chemiker von denen ich sprach. Die eine sieht ein Teil, die andere den ganzen Zusammenhang. Wenn sich die Sozialisten zum Beispiel die Mühe machen wollten, die Wirkung der Konkurrenz bis zum Ende, das heißt bis zum Konsumenten zu verfolgen, anstatt beim Produzenten stehen zu bleiben, so werden sie sehen, dass die Konkurrenz die mächtigste Triebfeder der Gleichheit und des Fortschritts ist, ob sie im Inland stattfindet oder von außen kommt. Und eben weil die politische Ökonomie in dieser letztendlichen Wirkung die Harmonie findet, sagt sie: „In meinem Bereich gibt es viel zu lernen und wenig zu tun. Viel zu lernen, denn die Wirkungskette kann man nur mit großem Aufwand verfolgen; wenig zu tun, denn aus der letztendlichen Wirkung folgt die Harmonie des gesamten Phänomens.“

Ich diskutierte diese Frage einmal mit dem bedeutenden Mann, den die Revolution so hoch erhoben hat. Ich sagte ihm: „Das Gesetz operiert durch Zwang, man kann vom ihm nur Gerechtigkeit verlangen.“ Er meinte, dass die Völker außerdem von ihm die Brüderlichkeit erwarten können. Letzten August schrieb er mir: „Wenn ich jemals zu einer Krisenzeit ans Ruder komme, wäre Ihre Idee die Hälfte meiner Ideologie.“ Ich antworte ihm hier: „Die zweite Hälfte Ihrer Ideologie wird die erste ersticken, denn Sie können nicht die Brüderlichkeit gesetzlich verankern ohne die Ungerechtigkeit gesetzlich zu machen.“

Abschließend möchte ich den Sozialisten sagen: „Wenn Ihr glaubt, dass die politische Ökonomie die Vereinigung, die Organisation, die Brüderlichkeit ablehnt, irrt Ihr Euch.“

Die Vereinigung! Wissen wir etwa nicht, dass dies die Gesellschaft selbst ist, die sich unaufhörlich vervollkommnet?

Die Organisation! Wissen wir etwa nicht, dass sie den ganzen Unterschied zwischen einer Anhäufung heterogener Elemente und den Meisterwerken der Natur ausmacht?

Die Brüderlichkeit! Wissen wir etwa nicht, dass sie zur Gerechtigkeit so steht wie der Drang des Herzens zu den kalten Kalkülen des Geistes?

Wir sind mit Euch darin einig, wir spenden Euren Bemühungen Beifall, auf dem Feld der Menschheit eine Saat zu auszusäen, die in Zukunft Ihre Früchte tragen wird.

Aber wir widersetzen uns Euch von dem Augenblick an, wo Ihr das Gesetz und die Steuer eingreifen lasst, das heißt Zwang und Raub. Denn abgesehen davon dass dieser Griff zur Gewalt bezeugt, dass Ihr mehr Vertrauen in Euch selbst als in das Genie der Menschheit setzt, genügt dies unserer Meinung nach, um die Natur selbst und das Wesen des Dogmas zu entstellen, das Ihr verwirklichen wollt.
 

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